Liebe Auswandertips-Leser,

wir haben wieder einmal, und das ist das schöne an diesem Portal, eine spannende Auswanderergeschichte erzählt bekommen. Werner und Ursula sind vor etwa fünf Jahren nach Costa Rica ausgewandert.

Wie es zu dieser Auswanderung kam und was die beiden alles erlebt und bis jetzt erreicht haben, erfahrt Ihr hier in unserem Auswanderer Interview mit den beiden Abenteuerern.

Auswandertips: Lieber Werner, du bist mit deiner Frau vor 5 Jahren nach Costa Rica ausgewandert, was genau hat dich dazu bewegt in den Dschungel zu ziehen?

Werner: Costa Rica hat weltweit die höchste Biodiversität / Fläche. Wir haben uns im Norden des Landes niedergelassenund eine Finca am Rande des Dschungels gesucht, weil Vanille hier die besten klimatischen Bedingungen findet, aber natürlich auch, weil die Natur hier am faszinierendsten ist. Scharen von Papageien fliegen mitunter über Deinen Kopf. Tucane, Kolibris, Rotkopfspechte. Grosse Schildkröten kreuzen Deine Wege,  Frösche und Insekten zeigen sich in den schillerndsten Farben. Seit kurzem wagen sich gar auch Hirsche und Tapire aus dem tieferen Wald auf unser Grundstück.

Es ist ein wunderschönes Erlebnis zu sehen, wie sich durch unsere Wiederaufforstung ein kleines Stück neuer Lebensraum für die Tierwelt öffnet. Angrenzend an unsere Finca liegen 3000 Hektar unberührter geschützter Wald. Wo findet man auf dieser Welt so was noch ? Wer in Costa Rica leben will, der sollte diese einmalige Natur suchen. Für uns wäre ein Strandhaus dagegen pure Langweile.

Auswandertips: Wie lief die Vorbereitung auf die Auswanderung ab?

Werner: Wahrscheinlich sind wir  keine typischen Auswanderer. Von unserem Selbstverständnis her fühlen wir uns eher als Kosmopoliten, die an vielen Plätzen dieser Welt ein Zuhause finden können. Wir haben schon immer viel im Ausland gearbeitet und gelebt. Als Student in Guatemala, später dann als Wein- und Olivenbauer mit einer kleinen Finca in Andalusien, in Mexiko hatten wir Handelspartner, die uns mit Hängematten belieferten. Aber wir reisten auch immer wieder und suchten unbekannte Ecken in Kolumbien und Ecuador. Aber auf unser Projekt „Vanille-Anbau“ haben wir uns gezielt vorbereitet, mit zwei Forschungsreisen und Recherche. Zudem mussten vorab auch Geschäftsbeziehungen geknüpft werden.

Auswandertips: Wie kann man sich das Leben in Costa Rica in etwa vorstellen?

Werner: Costa Rica ist ja ein sehr ungewöhnliches Land. Da wurde das Militär bereits vor 50 Jahren abgeschafft, hier findet ein sozialer Ausgleich statt, eine Solidargesellschaft wurde entwickelt, es gibt eine sehr gute medizinische Betreuung, Schule und Bildung haben einen hohen Stellenwert und angeblich leben hier laut verschiedener Forschungsinstitute die glücklichsten Menschen dieser Erde. Die meisten davon leben im Grossraum San Josè. Hier findet man eine breite Mittelschicht, deren Lebensstandard schon fast durchschnittliches europäisches Niveau erreicht. Zahlreiche ausländische Unternehmen gerade aus dem IT-Bereich haben sich mit ihren Forschungs- und Call-Centern sich CR niedergelassen. Die Investitionsbedingungen sind günstig, der Bildungsstandard hoch.

In den Randbezirken sieht man aber wie in allen lateinamerikanischen Städten auch Slums aus Wellblech. Der ärmere Teil der Menschen wohnt sowieso auf dem Land.  Fast jeder fünfte Einwohner CR`s ist ein Gastarbeiter aus Nicaragua. Es sind meist diese „Nicas“, die die harte Arbeit in den Bananen-, Ananas- oder Kaffee-Plantagen bei einem Wochenlohn von USD 100,- verrichten. Durch zahlreiche soziale Leistungen versucht der Staat die Diskrepanz zwischen Arm und Reich aufzuheben. So wurden bspw. in den vergangen Jahren viele bedürftige Familien vom Staat (auch Nicaraguenses) mit Häusern oder Grundstücken beschenkt, um diesen eine Lebensgrundlage zu geben. Die medizinische Grundversorgung ist vorbildhaft. Auch in kleineren, weit entlegenen Dörfern kommen regelmässig Ärzte.  Patienten, die von Fachärzten in weit entfernten Krankenhäusern behandelt werden müssen, werden vom Roten Kreuz ohne Kosten zu Hause abgeholt und wieder zurückgebracht.

Das alltägliche Leben beginnt in Costa Rica sehr früh morgens. Bereits ab 6 Uhr muss man mit Telefonanrufen rechnen. Lange Warteschlangen in Banken oder Behörden gehören zum Alltag. Die Behäbigkeit eines Postbeamten erinnert an die 60er Jahre in Deutschland. Das soziale Leben findet oft innerhalb der Familie statt. Gleichwohl, wer gerne Salsa tanzt wird auch spät nachts in einer der Cantinas sein Vergnügen finden.

Auswandertips: Ihr habt ein Weideland gekauft und ein Stückchen Urwald wieder aufgebaut. Hattet ihr diesen ökologischen Gedanken schon vor der Auswanderung?

Werner: Wir hatten vor unserer Auswanderung schon den ökologischen Aspekt der Vanille-Produktion im Auge. Wir dachten aber vielmehr daran ein paar Hektar Urwald zu kaufen und zu schützen, um die Pflanze dort nachhaltig zu kultivieren. Im Laufe unserer Recherchen ist uns aber immer klarer geworden, dass es mit einer Wiederaufforstung viel einfacher ist eine Vanille-Kultur aufzubauen und man so einen ökologischen Nutzen erzielt, der viel grösser ist.

Auswandertips: Ihr seid also „Vanille-Bauern“ geworden, wie kam es dazu?

Werner: Von der Tätigkeit her sind wir eigentlich Vanille-Produzenten. Die Pflanze muss  gepflegt werden, jede einzelne Blüte wird per Hand bestäubt, einzeln geerntet und nach der Ernte fermentiert. Wir sind Menschen mit einem starken Bezug zur Natur. Meine Frau ist gelernte Gärtnerin. Wir fanden es schon immer spannend zu sehen und auch auszuprobieren welche Pflanzen wo und wie gedeihen. In Spanien kamen wir auf die Idee Riesling zu kultivieren, das war dort recht aussergewöhnlich, hat aber auch bestens funktioniert. Der Gedanke an Vanille kam irgendwann, als wir konkret anfingen an ein Leben in Mittelamerika zu denken, als wir überlegten, welches landwirtschaftliche Produkt sich lohnen könnte anzubauen.

Auswandertips: Ihr seid nun mittlerweile 5 Jahre in Costa Rica, was hat sich an der Sichtweise im Bezug auf das Land geändert?

Werner: Eigentlich wenig. Wir hatten vorher schon ein genaues Bild vom Land, dass sich bestätigt hat.

Auswandertips: Wie günstig bzw. teuer ist das Leben in Costa Rica?

Werner: Man bekommt hier all die Luxusgüter, die man als Europäer so kennt, zu etwas höheren oder gleichen Preisen. Ein Sack Zement, Metall, Plastik oder Baumaterial  ist in Costa Rica auch nicht billiger. Auto fahren dagegen schon. Der Spritpreis liegt bei ca. einem EURO/Liter. Steuer und Versicherung für´s Fahrzeug gibt’s  ab 100 EURO/Jahr. Wenn man den Basis-Warenkorb (Nahrung, Kleidung, Transport, Kommunikation) zum Vergleich heranzieht, dann ist das Leben hier vielleicht 6-7  mal günstiger als in Deutschland.

Auswandertips: Wie gut seid ihr mittlerweile in Costa Rica integriert? Gab es bzw. gibt es noch Schwierigkeiten?

Werner: Ich denke, eine Voraussetzung für Integration ist, dass man als arbeitender Mensch wahrgenommen wird. Daraus erwächst dann meist automatisch Respekt und vielleicht auch Zuneigung. Wenn Sie hier nur herkommen, um ein süsses Leben zu führen, dann werden Sie nie integriert sein. Als wir hier ankamen haben wir eine öffentliche Strasse auf eigene Kosten mit Baggern wiederhergerichtet, um auch in der Regenzeit Zufahrt zu unserem Grundstück zu bekommen. Die Nachbarn, für die unsere Aktion auch eine enorme Hilfe bedeutete kamen daraufhin völlig unerwartet und schenkten uns 4 stattliche Bäume aus Ihrem Wald, weil sie wussten, dass wir eine Brücke bauen mussten. Diese gegenseitige Hilfe entwickelte sich dann in den Folgejahren immer weiter.

Auswandertips: Zum Abschluss noch eine eher theoretische Frage. Wenn ich jemand wäre, der nach Costa Rica auszuwandern möchte, was würdest du mir raten?

Werner: Schau Dir zuerst mal unser Projekt an, besuch die Vanilla-Jungle-Lodge und dann überleg Dir, ob das nicht der Ort ist, von dem Du schon lange geträumt hast. Ein kleines Paradies. Zum kurz-oder langzeitigen Verweilen oder gar zum Arbeiten und Leben.

Auswandertips: Lieber Werner, ich danke dir herzlichst, dass du deine spannende Geschichte deiner Auswanderung mit uns und unseren Lesern geteilt hast. Wir wünschen dir auch weiterhin viel Erfolg und Glück mit deiner Ursula und dem Projekt Vanilleanbau in Costa Rica.

Sollte sich nun jemand für genau dieses Projekt von Werner & Ursula interessieren, dann meldet Euch einfach bei uns, wir leiten Eure Anfragen gerne weiter, bzw. nützt die Kommentarfunktion unterhalb des Artikels und tretet so mit den Beiden in Kontakt.

Wir werden darüber hinaus, da uns das Gespräch mit Vanille Produzent Werner in Costa Rica so viel Freude bereitet hat, einen weiteren Beitrag über das Vanille Projekt mit weiteren Eckdaten und Informationen in Kürze hier veröffentlichen. Noch einmal vorbeischauen lohnt sich also in jedem Fall!