Liebe Auswandertips Leser,

fast täglich trudeln bei uns Anfragen und interessante Geschichten rund um das Thema Auswanderung in alle Welt ein. Auf diesem Weg sind wir auch in Kontakt mit Gloria gekommen, die von Düsseldorf nach England, Großbritannien ausgewandert ist und so nett war sich unseren Interviewfragen zu stellen.

 

Hallo Gloria, stell dich den Lesern doch bitte kurz vor

Hallo, mein Name ist Gloria. Ich bin 29 Jahre jung und komme aus Düsseldorf. Nach meinem Anglistik Studium hat mich die Abenteuerlust gepackt und ich konnte mir kein größeres Abenteuer vorstellen, als alleine in ein anderes Land zu ziehen. Ich lebe jetzt seit 4 Jahren in Yorkshire, welches von den Einheimischen als „God’s Country“ bezeichnet wird.

Du bist vor knapp 4 Jahren nach England ausgewandert, wie kam es dazu?

Ich war schon immer sehr anglophil und wusste, dass Anglistik der richtige Studiengang für mich war. Nachdem ich 2006 mein Grundstudium erfolgreich beendet habe, nahm ich mir 6 Monate, um ein Working Holiday in England zu absolvieren. Ich wollte meine Sprachkenntnisse verbessern, in die Kultur eintauchen und das Land erkunden. Ich habe in Hotels, Restaurants und Pubs gearbeitet und somit den englischen Humor und die weltbekannte Höflichkeit der Engländer aus erster Hand erfahren.

Die Zeit verging wie im Flug und mir war damals schon bewusst, dass ich nach meinem Studium unbedingt wieder zurückkehren musste. Ich hatte einen guten Draht zu meinen Arbeitgebern und viele Freundschaften geschlossen. Daher habe ich nach meinem Studium ein paar Monate lang wieder im Pub „gejobbt“, was eine gute Basis war für die Suche nach einem festen Arbeitsplatz.

Die neue Heimat: Yorkshire, England UK

Wie oder weshalb fiel die Wahl gerade auf England? Waren noch andere Auswanderungsziele in der engeren Auswahl?

Für mich stand schon immer fest, dass ich in einem englischsprachigen Land leben wollte. Ich war anfangs auch von der Idee begeistert nach Neuseeland oder Kanada zu ziehen, jedoch haben mich praktische Gründe davon überzeugt, dass England ein guter Kompromiss für mich und meine Familie war. Der Flug von Leeds nach Düsseldorf dauert ca. eine Stunde und ich sehe meine Familie und Freunde in Deutschland alle paar Monate, was für mich sehr wichtig ist.

Oftmals wird eine Auswanderung als das große Abenteuer – vor allem in TV-Sendungen – dargestellt, wie hast du das „Abenteuer Auswanderung“ empfunden?

Ein Abenteuer ist es sicherlich und ich muss sagen, dass ich Glück hatte, dass meine Erfahrungen alle sehr positiv waren. Als ich das erste Mal in England aus dem Flugzeug gestiegen bin, muss ich zugeben, dass ich auch meine Zweifel an der ganzen Sache hatte. Was ist wenn ich keinen Anschluss finde oder keinen Job? Hätte ich doch in Deutschland bleiben sollen, wo es sicherer ist und ich Familie und Freunde habe?

Anfangs hatte ich auch Heimweh, sobald man sich jedoch einlebt und einen Rhythmus gefunden hat, steht dies nicht mehr im Vordergrund. Auswandern empfand ich auch als Achterbahnfahrt der Gefühle, was sicherlich Teil des Abenteuers ist: von Erschöpfung bis hin zur Euphorie, dass man es doch geschafft hat Fuß zu fassen, wurde ich auf meinem Weg von unterschiedlichsten Emotionen begleitet. Generell finde ich, dass Auswandern in TV-Sendungen manchmal etwas glamouröser dargestellt wird, als es eigentlich ist. Man sollte sich in dieser Hinsicht nicht von romantischen Ideen, die man von einem Land hat, leiten lassen, um Enttäuschungen zu vermeiden.

Wurdest du in deiner Anfangszeit mit vielen unerwarteten Problemen konfrontiert oder lief Alles nach Plan?

Es war überraschend einfach als deutsche Staatsbürgerin nach England auszuwandern. EU-Bürger brauchen kein Visum, um in England zu arbeiten und die Jobsuche klappt (je nach Branche) auch aus Deutschland, da viele Interviews über Skype gehalten werden können. Ich habe als Vorbereitung natürlich jegliche Dokumente, die ich brauchen könnte, gesammelt, musste aber bis heute nichts vorzeigen. In England angekommen, musste ich mich jediglich um eine „National Insurance Number“ kümmern und ein Bankkonto eröffnen – das hat alles problemlos geklappt.

Es besteht auch keine Meldepflicht bei den britischen Behörden. Im Vergleich zu anderen Auswanderer-Berichten würde ich sagen, dass England eines der einfacheren Länder ist für EU-Bürger Fuß zu fassen.

Du arbeitest nun für ein Unternehmen in England, kannst du einen Vergleich ziehen, wie sich die Arbeit in den UK und in Deutschland unterscheiden?
Gibt es überhaupt Unterschiede außer der Sprache?

Es ist erstaunlich wie unterschiedlich die Arbeitswelt in England und Deutschland ist. Hierzu habe ich mich auch mit einigen Deutschen Freunden, die in England leben ausgetauscht und wir haben sehr ähnliche Erfahrungen gesammelt. Der Umgang mit Arbeitskollegen ist von Anfang an sehr freundschaftlich und zwanglos und Small Talk gehört hier zum guten Ton, bevor man ein Meeting richtig anfängt. Engländer finden es auch seltsam mit Nachnamen angesprochen zu werden und man ist automatisch mit jedem per „Du“. Es sind kleine kulturelle Feinheiten, die hier die Unterschiede deutlich machen.

Es wird ja immer behauptet „English“ spricht jeder und man kann sich schon mit „Händen & Füßen“ verständigen, wie gut sprachst du Englisch als du nach England ausgewandert bist?

Ich habe vor meinem Anglistik Studium viele Bücher auf Englisch gelesen und mir Filme im Originalton angeschaut. English war eines meiner Leistungsfächer im Abitur und das Anglistik-Studium war während des Grundstudiums begleitet von Grammatik, – Vokabel und diversen anderen sprachlichen Ergänzungsfächern. Ich dachte, dass mein Englisch sehr gut war und habe von Engländern auch viele Komplimente erhalten, leider habe ich viele anfangs nicht verstanden. Die regionalen Dialekte gehen hier weit auseinander und die Unterschiede sind so markant, dass sich Engländer manchmal auch nicht untereinander verstehen.

Der Yorkshire-Akzent ist etwas gewöhnungsbedürftig und ich kann dem altbekannten Hinweis nur zustimmen, dass man eine Sprache erst dann wirklich lernt, wenn man in dem Land lebt, in dem sie gesprochen wird.

Wie wichtig würdest du einschätzen ist es, die Sprache bestmöglich schon vor der Auswanderung zu beherrschen?

Sehr wichtig, besonders wenn man keine Familie oder Freunde vor Ort hat, die einen unterstützen können, sonst können Probleme schon bei den ersten Hürden auftauchen, wie z.B. bei der Eröffnung eines Bankkontos.

Es gibt ja mehrere Möglichkeiten eine Sprache zu lernen – ob im Auslandssemester während des Studiums, Sprachreisen, Online Sprachkurse oder auch klassische Sprachkurse. Kannst du hier deinen Erfahrungen nach eine Methode weiterempfehlen?

Ich persönlich habe meine Englischkenntnisse während meines ersten Auslandsaufenthalts rasant verbessert und vor allem das „Alltagsenglisch“ oder „real English“, das man aus der Schule oder der Uni kaum kennt, gelernt. Falls man die finanziellen Mittel hat und sich die Auszeit nehmen kann, würde ich ein Auslandssemester oder Auslandspraktikum sehr empfehlen. Falls das keine Option ist, gibt es aber auch viele hilfreiche Seiten im Internet, mit denen man (teilweise gratis) Englisch lernen kann, z.B. hier. Das lässt sich auch gut mit einem Studium oder Job vereinbaren, da man im Gegensatz zu einem Sprachkurs selbst entscheidet, wann und wo man lernt.

Wie sieht dein aktueller Plan für die Zukunft aus, möchtest du „für immer“ in England bleiben, oder siehst du das mehr als eine Station?

Ich vermisse schon so Einiges an Deutschland, aber es ist ja nicht weit und ich besuche Familie und Freunde regelmäßig. Ich fühle mich hier rundum wohl und kann mir zurzeit nicht vorstellen in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Ich könnte mir auch nicht vorstellen aus Yorkshire wegzuziehen. Die Menschen im Norden sind überaus freundlich, die Landschaft ist atemberaubend schön (ich bin hier von einem Stadtmenschen zum Outdoor-Freak geworden) und alles scheint hier in der Nähe zu sein! In 1- 2 Stunden Autofahrt ist man am Meer, oder in York, oder Manchester, oder Birmingham….

Die letzte Frage hat bereits Tradition bei uns und zwar, wenn ICH jetzt nach England auswandern möchte, welche 3 Tipps kannst du mir auf den Weg mitgeben, die mir dabei helfen?

Gloria:

  1. Geld sparen. Es sollten schon Ersparnisse vorhanden sein, wenn man sich vor Ort auf Jobsuche macht. Ich habe ungefähr drei Monate gebraucht, um vom meinem Job im Pub in ein Büro zu gelangen. England ist auch ganz schön teuer.
  2. Das Land so oft wie möglich besuchen um sich einen guten Eindruck von den unterschiedlichen Facetten zu machen. Man sollte sich auch gut überlegen, welcher Ort für einen der richtige ist – London ist nicht für jeden geeignet.
  3. Vielleicht Hobbies und Interessensgemeinschaften finden, evtl. über Internations oder MeetUp, so dass man schnell Anschluss findet und Leute kennenlernt, die „im gleichen Boot“ sitzen. Das vereinfacht den Neustart im neuen Land und verringert das Heimweh.

 

 

Liebe Gloria, vielen Dank für das Interview und deine Tipps. Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg in deiner neuen Heimat und freuen uns wieder von dir und deinen Abenteuern zu hören. Wenn auch DU über deine Auswanderung berichten möchtest, dann melde dich doch bei uns unter anfrage ( at ) auswandertips.com