Liebe Auswandertips Leser,

wir haben wieder etwas Neues für Sie und zwar ein Interview mit einem Auswanderer den sein Weg erfolgreich nach Asien geführt hat.

Björn Kempe spricht im Interview mit uns über das Leben und die Jobmöglichkeiten in Hong Kong, sowie der Auswanderung nach China allgemein. Nun aber zum Interview:

Auswandertips: Wie kamen Sie auf die Idee nach Hong Kong auszuwandern?

Björn Kempe: Zum ersten Mal führte mich ein Urlaub mit meinen Eltern 1995 nach Hong Kong. Diese Stadt und Kultur begeisterte mich so sehr, dass ich mir gut vorstellen konnte einige Zeit in Hong Kong zu leben. Darauf habe ich fast 5 Jahre versucht, mich für eine Lehre in Hong Kong zu bewerben. Weitere Gründe waren auch das Sammeln von Auslandserfahrung und meine Begeisterung für Asien. Ich war damals schon fest davon überzeugt, dass Asien die Zukunft ist.

Auswandertips: Wurden Sie von Ihren Kollegen und Nachbarn sofort herzlich aufgenommen?

Björn Kempe: Ich wurde von meinen Kollegen in der Ausbildungsfirma Fiducia sehr nett und warm aufgenommen. Dort war ich der erste Auszubildende und damit eine „Neuheit“. Alle Kollegen und der Geschäftsführer waren sehr um mein Wohlbefinden bemüht. Ich wohnte damals bei einer sehr netten schweizerischen Familie, die mich aufgenommen hat. Der Kontakt zu dieser Familie besteht bis heute.

Auswandertips: Was fasziniert Sie am Leben und Arbeiten in Hong Kong?

Björn Kempe: Am Arbeiten in Hong Kong kann man allgemein weniger von Faszination sprechen, da in Hong Kong viel gearbeitet wird und Überstunden auch dazugehören. Das Berufsleben kann sehr stressig und anstrengend sein. Der normale Arbeitstag endet zwischen 19 – 20 Uhr.
Auf der anderen Seite ist das Leben in Hong Kong sehr interessant, da man ständig mit anderen Kulturen in Kontakt kommt. Die Umgebung von Hong Kong z. B., die vielen Inseln oder Berge laden zum Wandern ein und man kann seine Freizeit sehr vielfältig gestalten. In Hong Kong ist immer etwas los und es wird nie langweilig. Die Zeit vergeht doppelt so schnell wie an einem Tag in Deutschland….

Auswandertips: Worin bestehen für Sie die größten Unterschiede zwischen Hong Kong und ihrem Heimatland?

Björn Kempe: Es gibt Unterschiede, die natürlich ganz offensichtlich sind – Sprache, Kultur, Essen, Geschäftsgebahren usw. Ein wichtiger Unterschied sind auch die Lebenskosten, die in Hong Kong wesentlich höher sind als in jeder deutschen Stadt. Die zwei grössten Unterschiede sind jedoch Sprache und Kultur, welche man unbedingt erlernen sollte. Ich habe bald angefangen, Kantonesisch zu sprechen – das ist sehr wichtig um soziale Beziehungen mit den Kollegen und lokalen Freunden zu knüpfen.

Auswandertips: Welche typischen Vorurteile gegenüber Hong Konger Bewohnern können Sie gar nicht bestätigen?

Björn Kempe: Soviele Vorurteile kenne ich gar nicht, aber ich denke, die wenigen Vorurteile, die es gibt, kann ich teilweise schon bestätigen – wie z. B. dass Hong Konger schlecht Englisch sprechen oder viel arbeiten. Auch das rücksichtslose Verhalten in der U-Bahn stimmt leider, und dass niemand mit dem Aufzug wartet. Hong Konger leben meistens in sehr kleinen Wohnungen mit mindestens 2 oder 3 anderen Personen, daher ist das Privatleben nicht ganz einfach. Vielleicht werden einige sagen, Hong Kong hat an manchen Ecken strengen Geruch, aber das gehört zur Stadt und kann nicht als Vorurteil gesehen werden.

Ein häufiges Vorurteil von Ausländern kann ich überhaupt nicht bestätigen: Ich höre immer wieder, wie toll Hong Kong ist und welche Möglichkeiten sich einem bieten. Wenn man mehr als 6 Jahre in der Stadt lebt, kennt man auch die Schattenseiten der Metropole. Ich finde, Shanghai, Peking, Singapur und Bangkok stehen Hong Kong in nichts nach. Hong Kong hat mehr Natur, aber es ist auch ein Hamsterrad für das Berufsleben. Man muss sich erst ein Bild machen und nicht den ersten Eindruck entscheiden lassen.

Auswandertips: Worin unterscheidet sich Hong Kong vom Festland-China?

Björn Kempe: Ich habe 2 wichtige Unterschiede feststellen können – erstens die Sprache. Obwohl viele Menschen in Hong Kong natürlich Mandarin sprechen, ist Kantonesisch die 1. Wahl. Kantonesen sind Festlandschinesen gegenüber etwas kritisch eingestellt. Der zweite wichtige Unterschied besteht in der Mentalität. Hong Kong-Chinesen sind wesentlich aufgeschlossener gegenüber westlichen Gedanken als Festlandschinesen. In Hong Kong wird auch effizienter und mehr gearbeitet. Im übrigen China hingegen nehmen die Abläufe oft mehr Zeit und Geduld in Anspruch.

Auswandertips: Was vermissen Sie am meisten in Ihrer neuen Heimat?

Björn Kempe: Ich vermisse frische Luft und Wochenenden auf dem Land. Das Wetter in Hong Kong ist auch sehr heiss, sodass sich viele Dinge in geschlossenen Räumen abspielen. Auch Volksfeste und die Bierstimmung fehlen mir manchmal, oder einfach mal draußen in einem Café oder einer Bar zu sitzen. Ich vermisse gutes deutsches Essen und einige Lebensmittel. Natürlich gibt es in Hong Kong fast alles zu kaufen, aber es ist eben nicht wie in Deutschland. Ich finde ein Biergartenbesuch in München oder ein Straßencafé in Berlin sind sehr wichtig für soziale Beziehungen und den Ausgleich zum Berufsleben.

Auswandertips: Wann entstand die Idee einen Auswanderer-Ratgeber zu schreiben?

Björn Kempe: Zum einen stellte ich fest, dass viele Auswanderer, die nach Hong Kong kommen ein falsches Bild vom Leben hier haben. Sie sehen in Hong Kong sehr unkritisch eine glitzernde Welt, in der alles möglich ist. Ich empfinde das anders, seit ich in Shanghai lebe und einen anderen Blick auf das Leben in Hong Kong habe. Daher wollte ich meine Erfahrungen gern darstellen um das wahre Hong Kong zu zeigen Als dann zum anderen der Verlag auf mich zukam und fragte, ob ich zu diesem Thema nicht ein Buch schreiben möchte, passte alles gut zusammen.

Auswandertips: Worauf sollten Auswanderer Ihrer Erfahrung nach achten, wenn Sie in Hong Kong leben wollen?

Björn Kempe: Es gibt einige Dinge aus meiner Sicht: Viele Ausländer unterschätzen die Kosten für die Lebenshaltung. Gerade die Mieten sind in Hong Kong viel höher als in anderen Städten. Außerdem sollte man bereit sein, 50 – 60 Stunden pro Woche zu arbeiten und sowohl Chinesisch als auch Kantonesisch zu lernen. Weiterhin habe ich bemerkt, dass sich viele Ausländer auch wieder mit Ausländern umgeben wie z. B. Deutsche mit Deutschen und Franzosen mit Franzosen. Gerade in Discovery Bay leben sehr viele Ausländer. Ich denke, es ist wichtig sich mit Hong Kong-Chinesen anzufreunden und auch gemeinsam die Stadt zu erkunden. Man sollte nicht mehr als 65% auslaendische Freunde haben, sonst wird man keinen Anschluss an die Chinesen erhalten.

Auswandertips: Können Sie einige Gründe nennen, die für Sie dafür sprechen, China als Auswanderer-Land zu empfehlen?

Björn Kempe: China ist das Land der Möglichkeiten und Vielfalt. Wer die Sprache beherrscht und kulturell aufgeschlossen ist, kann in China viel erreichen. Der Arbeitsmarkt verspricht gerade im Servicesektor viele Chancen, und wer ungebunden ist, der sollte China auf jeden Fall als Auswanderer-Land auf die Karte nehmen. Lebenshaltungskosten im Festland sind wesentlich geringer als in Hong Kong und das jährliche Wirtschaftswachstum von ca. 9% verspricht viele Geschäftsmöglichkeiten.


Auswanderer Björn Kempe hat den Schritt nach China gewagt | (c) Björn KempeBjörn Kempe (* 1978) hat eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann in Hong Kong abgeschlossen und sein Studium zum Diplom-Kaufmann absolviert. Der Gründer von INTERCULTI (der Plattform zur interkulturellen Kommunikation in Asien) konnte aufgrund seines langjährigen Aufenthaltes in China zahlreiche Freundschaften knüpfen und die Lebensweisen und das Wesen von Hong Kong erleben und studieren. Björn Kempe lebt und arbeitet seit 2008 in Shanghai und ist bei einem großen Messeunternehmen als Marketingleiter für Internationale Märkte tätig.