Liebe Auswandertips-Leser,

es gibt etwas Neues aus Neuseeland und zwar hat Angela sich wieder mit einem Beitrag bei uns gemeldet. Diesmal geht es darum sich bei einer Auswanderung auch dem Neuen zu öffnen und der neuen Heimat mit Offentheit zu begegnen. Aber lest selbst, was Angela aus Neuseeland zu berichten hat …

Wir sind nun in unserem Traumland Neuseeland glücklich, nicht nur weil es tatsächlich ein atemberaubend schönes Land ist, sondern weil wir uns auf die Menschen und die hiesige Kultur mit ihren spirituellen Werten eingelassen haben, im vollen Bewusstsein dessen, daß wir dieselbigen durch unsere Geschichte und unseren Hintergrund bereichern können. Das ging, weil wir hier Dinge gemacht haben, die wir in D sonst nie gemacht hätten, wir waren offen für die Erfahrungen, die da kommen wollten. Ich glaube was ich als Essenz sagen will ist, wenn ihr den tiefen Wunsch habt auszuwandern, macht es, aber seid darauf vorbereitet, daß es ein komplexerer Prozess ist, als nur auf die Visas zu warten und die Flugdauer. Die Einwanderung beginnt erst, wenn ihr angekommen seid.

Wir waren offen für Erfahrungen, die sich ganz leicht durch vorgefertigte Meinungen hätten vermeiden lassen und uns dementsprechend einen magereren Erfahrungsschatz hinterlassen hätten. Dinge wie, in die Kirche gehen zum Beispiel. Ein beinahe undenkbarer Gang in Deutschland, der mehr aus Nettigkeit gegenüber der entsprechenden Verwandschaft gemacht wurde, brachte hier neue Einsichten darüber wie Kirche gelebt werden kann. Dadurch wurden viele interessante Kontakte geknüpft und einige liebe Freundschaften resultierten daraus. Ja, die Offenheit für die vielen wundervollen Menschen, die da Interesse an unserem Leben zeigten hat uns sehr bereichert und schneller als wir ahnten konnten wir dadurch auch anderen behilflich sein, durch den Prozess der Einwanderung mit etwas mehr Leichtigkeit zu gehen.

Die Offenheit gegenüber den spirituellen Werten war ein ganz grosser Faktor. Egal um welches Land es sich handelt, in welches ihr auswandern möchtet, jedes Land hat seine eigenen spirituellen Grundsätze und Werte. Begegnet ihnen offen, nur weil du ein Einwanderer bist, heisst es nicht, daß diese für dich nicht zugänglich sind, gelten oder anwendbar sind. Hier in Neuseeland ist sogar ganz das Gegenteil der Fall. Es werden viele Fortbildungen angeboten, um eben diese kennenzulernen und wie sie im Alltag tatsächlich anwendbar sind. Macht das Beste daraus, ohne etwas erzwingen zu wollen. Spannenderweise findet dann natürlich im Gegenzug auch eine Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft statt, die für einen Deutschen immer noch schwierig sein kann. Erst durch den Umweg über Neuseeland konnte ich für mich ein gesundes, frei von politischer Deutschtümelei, Bewusstsein als Deutsche entwickeln. Ganz banale Aussagen wie: ‚ich bin stolz Deutsche zu sein‘ kommen mir nun leichter über die Lippen, da ich offen war für die Auseinandersetzung mit meiner Wahlheimat und dementsprechend mit meiner Herkunft.

Ja, manchesmal sind es nicht nur die Erfahrungen, die von aussen auf einen zukommen, sondern auch die Erfahrungen, die man sich entscheidet zu machen, für die man offen sein muss. Ohne die gibt es keine Erweiterung unseres Bewusstseins und wir könnten womöglich in einer der vielen Schubladen stecken bleiben, die uns noch nie gut getan haben.

Ich geb euch ein kleines Beispiel von meiner ersten Arbeitsstelle, die ich hier in Neuseeland bekam. Es gibt einen von der Regierung unterstützte Telefonhotline für neuseeländische Raucher, wenn sie mit rauchen aufhören möchten. Ich liebe es Menschen zu helfen, ich habe auch keine Probleme zu sprechen, aber da saß ich nun, am Telefon, mit schnellsprechenden Kiwis am anderen Ende. Für einige Zeit hielt ich ein imaginäres Schild vor mir, auf dem stand: „Englisch ist meine Zweitsprache!“ Ja, ich wurde auf meinen Akzent angesprochen, aber immer nur aus Interesse, nie weil sich jemand darüber aufregte. Warum hätte auch jemand? War es ja ich, die sich die Mühe machte Englisch zu sprechen. Das war die Sichtweise der anderen.

Es dauerte einige Monate, bis ich mein Schild endlich losließ und realisierte, daß ich mir da selber im Weg gestanden bin, mich dieser Erfahrung nicht komplett geöffnet hatte, weil ich mich selber in eine Schublade gesteckt hatte. Das was ich zurückbekam von den Menschen, denen ich half, deren feedback war unbeschreiblich. Nicht nur, daß ich merkte einen Unterschied in deren Leben machen zu können, aber eben auch, daß ich durch diese Tätigkeit meinen Integrationsprozess mit unterstützt habe.

Der Einwanderungsprozess dauert ca 18 – 24 Monate. Da gibt es kein drumrummkommen. Man durchläuft ihn in Wellen, heisst, nach dem ersten Hoch kommt ein Tief, aus dem rappelt man sich hoffentlich hoch, dann geht es wieder für eine Weile, und dann kommt nochmal ein Tief, das man dann aber schon garnicht mehr mit der Einwanderung in Verbindung bringt, da nun schon etwas Zeit vergangen ist. Was hat das jetzt mit Offenheit zu tun, magst du dich fragen? Ganz viel. Glücklicherweise wussten wir davon und waren nun offen dafür, nicht daß wir darauf gewartet hätten, aber wir haben uns diesem Rythmus nicht verschlossen, sondern haben uns, man könnte schon fast treiben sagen, diesen Energien vertrauensvoll hingegeben.

Wenn man sich etwas Unangenehmen entgegenstellt, sich einfach sträubt, aber man weiss es findet so oder so statt, kann es natürlich passieren, daß es viel länger dauert, oder als schlimmer/intensiver empfunden wird, wie es dann eigentlich der Fall sein müsste. Einwanderung braucht Zeit, seid geduldig und ihr werdet das Glück finden, das ihr euch erhofft habt.

 

Auswanderin Angela ThieAngela ist selbst mit ihrer Familie nach Neuseeland ausgewandert und teilt ihre Erfahrungen hier mit Euch auf Auswandertips.com. Wenn ihr mehr über ihre Erfahrungen und ihre Geschichte erfahren wollt, bzw. direkt mit Angela in Kontakt treten möchtet, dann besuche einfach ihre Webseite unter www.EYWACoaching.com

Angela ist dazu noch eine Buchautorin, ihr Buch zum Thema findet man unter der Adresse shop.happyimmigration.com

Abb.: ein „Powhiri“ – das Willkommensritual der Maori in Neuseeland